Ermöglichender, aktivierender Staat

In der Debatte um die sogenannte →Bürgergesellschaft wurde auch immer wieder betont, dass sich die Natur des Staates verändern müsse. Der Begriff des ermöglichenden bzw. aktivierenden Staates bringt dieses neue Verständnis auf eine griffige Formel. Sie relativiert einerseits die ordnungsstaatliche Sicht, da der ermöglichende Staat die Eigenverantwortlichkeit der Bürger stärker betont. Der Entfaltung der gesellschaftlichen Eigenkräfte soll mehr Raum gewährt werden, indem staatliche Regelungen bewusst weiter ausgelegt bzw. staatlicher "Regelungswut" Zügel angelegt werden. Diese "Entbürokratisierung" sollte einem verbesserten Mitspracherecht der Bürgerinnen und Bürger zu Gute kommen. Sie relativiert aber auch die sozialstaatliche Perspektive, indem →Subsidiarität und "Hilfe zur Selbsthilfe" zum Leitmotto sozialstaatlichen Handelns gemacht werden. Es geht dabei nicht um einen Rückzug des Sozialstaats, sondern darum, eine falsch verstandene Fürsorge zu vermeiden, die letztlich zu einer Entmündigung und Lähmung der Eigenkräfte der Individuen führen kann.

Zusammengefasst ist das Leitbild des ermöglichenden Staates also durch zwei politische Prinzipien gekennzeichnet: 

  1. Subsidiarität als Vorrang der jeweils kleineren gesellschaftlichen Einheit bei der Lösung sozialer Probleme: Was der Einzelne, was die Familie, was die unmittelbare Lebensgemeinschaft leisten kann, soll nicht vom Staat als Aufgabe übernommen werden. Der Staat soll vielmehr die jeweils kleineren Einheiten in ihrer Aufgabenerfüllung unterstützen, wenn dies notwendig ist. Dieses Konnexitätsprinzip ist mittlerweile in einigen Landesverfassungen, auch der Bayerischen, verankert worden.
  2. Partizipation: Die Bürgerinnen und Bürger sollen mehr Mitspracherechte in den sie betreffenden Angelegenheiten erhalten. Hier gibt es mittlerweile viele interessante Ansatzpunkte von Bürgerentscheiden bis hin zu Internetbasierten Systemen der E-Democracy (→E-Governement). Viele Wissenschaftler sehen hierin auch einen Weg, einer wachsenden Politikverdrossenheit in der Bevölkerung aktiv zu begegnen.

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