Monetarisierung
Der Begriff „Monetarisierung“ hat lateinische sowie griechische Wurzeln und bedeutet „zu Münzen machen“. Heute wird es als Synonym verwendet für „etwas in Geld umwandeln“, „den finanziellen Nutzen aus etwas ziehen“ oder „den finanziellen Aufwand von etwas bewerten“.
Im Bürgerschaftlichen Engagement ist die Verwendung des Begriffs heute mit mehreren Bedeutungen gebräuchlich:
- In volkswirtschaftlicher Hinsicht bedeutet die Monetarisierung die Bewertung ehrenamtlicher Arbeit in Geld. Schätzungen zufolge werden in Bayern jährlich rund 710 Millionen Arbeitsstunden ehrenamtlich erbracht (Engagementatlas 2009). Allein bei einem Mindestlohn von 8,50 € je Stunde entspricht die Tätigkeit der Ehrenamtlichen in Bayern Jahr für Jahr einem Gegenwert von rund 6 Milliarden Euro.
Der tatsächliche Wert des Bürgerschaftlichen Engagements liegt erheblich höher, weil zum Beispiel die Auswirkungen auf das Gemeinwesen durch die Bewertung von Arbeitszeit nicht vollständig erfasst werden können. Eine Annährung versuchen Kral und Endres mit ihrer „Nutzwertanalyse“ im „Gutachten zum Wert des Bürgerschaftlichen Engagements in Bayern“ (Zusammenfassung (.pdf, 2,3 MB))
Tipp: Die ehrenamtlich erbrachte Arbeitsleistung kann zum Beispiel im Rahmen mancher Förderprogramme als →Eigenleistung anerkannt werden.
- Die Monetarisierung im Bürgerschaftlichen Engagement kann auch allgemein Geldzahlungen für eine ehrenamtliche Tätigkeit bedeuten. Darunter fallen nicht nur direkte Zahlungen, sondern auch indirekte, zum Beispiel in Form einer →Rückspende.
Der Grat zwischen einer Aufwandspauschale im Ehrenamt und einem Stundenlohn für Erwerbsarbeit ist dabei manchmal schmal. Kritiker sehen im Bürgerschaftlichen Engagement mit seinen pauschalen Entschädigungen zum Teil einen neuen Niedriglohnsektor in Zeiten des Mindestlohnes wachsen.
Auch befürchten viele, die Motive der Engagierten und der Charakter des Ehrenamts würden sich durch eine derartige Entwicklung negativ verändern.
Damit hängt auch die dritte Bedeutung der Monetarisierung zusammen.
- Demnach gibt es immer mehr Tätigkeiten, die auf der Schwelle zwischen Ehrenamt und Erwerbsarbeit liegen. Die Lohnkosten werden durch so teils erheblich gesenkt. Einerseits wird zum Teil ein wesentlich niedrigerer „Stundenlohn“ ausbezahlt, während gleichzeitig keine Sozialversicherungspflicht besteht. Eine vermeintliche Vermehrung des Bürgerschaftlichen Engagements könnte damit auch ein Wachstum dieses „Niedriglohnsektors“ bedeuten.
Gleichzeitig wird die monetäre Entlohnung zum Maßstab des Engagements. Wenn die meisten Organisationen ehrenamtliche Tätige „entlohnen“, werden immer weniger Menschen bereit sein, sich ohne diese pauschale Entschädigung zu engagieren.
Gerade für kleinere Initiativen und Organisationen mit geringen finanziellen Ressourcen wird es damit schwieriger, Ehrenamtliche zu gewinnen.
Zudem steuert auch der Staat Bürgerschaftliches Engagement über Geld, zum Beispiel über die Steuerfreibeträge →„Übungsleiterpauschale“ und →„Ehrenamtsfreibetrag“. Aus den jeweils begünstigten Tätigkeiten ergibt sich eine indirekte Bewertung Bürgerschaftlichen Engagements. Beide Freibeträge haben allerdings nicht die Monetarisierung, sondern viel mehr die →Förderung des Ehrenamts durch die steuerliche Begünstigung einer Aufwandsentschädigung zum Ziel.
Eine Bestandsaufnahme zu den Formen der Monetarisierung hat das Zentrum für zivilgesellschaftliche Aufgaben im Auftrag des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg 2009 mit seiner „Untersuchung zur Monetarisierung von Ehrenamt und Bürgerschaftlichem Engagement in Baden-Württemberg“ (.pdf, 735 KB) vorgelegt.